Fanbeauftragte aus DEL und 2. Bundesliga äußern sich zur aktuellen Situation
Die Fans aus DEL und 2. Bundesliga beobachten die gegenwärtige Situation im deutschen Eishockey mit großer Sorge. Die sich immer mehr zuspitzende Situation zwischen DEB und dem Großteil der Zweitliga-Clubs nahmen sie zum Anlaß, sich zu artikulieren.
Der offene Brief im Wortlaut:
Fanbeauftragte der
DEL und der ESBG
vertreten durch:
Thomas Schmitz (Köln)
thomas.schmitz@haie-fanprojekt.de
Sascha Hartung (Hannover)
fanbeauftragte@echte-hannoveraner.de
Präsident des Deutschen Eishockeybundes
Herrn Uwe Harnos
per E-Mail
Sehr geehrter Herr Harnos,
mit Bedauern müssen wir Fans feststellen, dass das leider fast schon übliche „Sommertheater“ im deutschen Eishockey eine ganz neue Eskalationsstufe erreicht hat. Da Sie eine zentrale Rolle in diesen Auseinandersetzungen inne haben, wenden wir uns mit diesem offenen Brief an Sie, der ebenfalls an diverse Redaktionen und andere Organisationen geht.
Es mag Sie verwundern, dass wir in der Folge keine Bitten an Sie herantragen, sondern eindeutige Forderungen. Aus der Vergangenheit haben wir gelernt, dass Bitten nicht umgesetzt werden, wenn wir nur an den „Runden Tisch“ im Rahmen des Deutschland-Cups 2011 zurück denken. Dort wollten Sie der fanseitigen Bitte entsprechen, als Vermittler zwischen DEL und ESBG zu fungieren und die Parteien zu erneuten Gesprächen einzuladen. Dies ist nicht passiert.
Ebenso wenig hat der DEB die Aussage bei einem Treffen im Juni 2011 mit Fanvertretern eingehalten, dass es keinen Kooperationsvertrag ohne Auf- und Abstieg geben wird. Nur wenige Wochen später haben Sie einem nahezu unannehmbaren Modell zugestimmt, welches Sie in der Folgezeit als großen Erfolg (ohne Erwähnung der extremen Nachteile) verkauft haben.
Insofern haben Sie Verständnis dafür, dass wir nun ganz klare Forderungen formulieren:
Wir fordern eine Rückkehr zur Sachlichkeit und objektiven Gesamtbetrachtung!
Entgegen ihrer herabwürdigenden Meinung, wir Fans würden uns für eine DEL II nur aufgrund einer „einseitigen Darstellung sowie durch Falschinformationen gesteuerten Berichterstattung“ aussprechen, bemerken wir doch viele tendenziöse, meinungsmachende Aussagen Ihrerseits, die nicht in dem angesprochenen Medium zu finden sind. Diese Aussagen zeigen erst dadurch ein negatives Bild der ESBG/DEL II auf, in dem sie aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Sie führen zum Beispiel die pauschale Ablehnung des Relegationsmodells zwischen DEL und ESBG durch die ESBG auf. Es würde aber mehrfach öffentlich erklärt, dass es einzelne, von Ihnen persönlich ausgehandelte Details waren, die zu dieser Ablehnung führen mussten. Als Beispiel sei hier erwähnt, dass es für die ESBG zu einem um etliche Wochen vorgezogenen Saisonabschluss geführt hätte.
Weiterhin führen Sie unermüdlich auf, dass es doch die ESBG gewesen sei, die den Kooperationsvertrag DEB/ESBG gekündigt habe. Uns fehlt aber die selbstkritische Betrachtung, dass Sie durch Ihr Verhalten (wie z. B. die Blockade einer Gesellschafterversammlung) diese Kündigung forciert haben und ja auch selbst erkannt haben, dass die Inhalte nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten entsprechen.
Ebenso verhält es sich mit den von ihnen vielfach kritisierten ausstehenden Verbandsabgaben der ESBG. Denn unseres Wissens resultieren diese aus einer Zusatzvereinbarung die zwischen Ihnen und dem damaligen Geschäftsführer der ESBG und heutigem Ligenleiter des DEB ohne Wissen der übrigen Gesellschafter geschlossen wurde. In Anbetracht Ihres bisherigen Vorgehens ist es schon verwunderlich, dass diese Abgaben noch nicht eingeklagt wurden, wenn es eine doch eine rechtliche Handhabe geben soll.
Solche Punkte sind es, die uns veranlasst sehen, eine objektive Gesamtbetrachtung zu fordern, die einem Dachverband gut zu Gesicht stehen würden. Denn in vielen von Ihnen kritisierten Vorgängen spielt der DEB selbst eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Wir fordern Transparenz und klare Regelungen!
Bisher gibt es kaum greifbare Regelungen für eine DEB-Bundesliga. Weder haben die von Ihnen zur Teilnahme aufgeforderten Clubs der zweiten Bundesliga bisher einen Entwurf der Durchführungsbestimmungen erhalten, noch sind die rechtlichen Fragen abschließend geklärt. In der aktuell gültigen Satzung des DEB vom 30.06.2012 ist immer noch die Rede von einem
„Entwurf“, der an das Finanzamt München gegangen ist. Dies kann keine Grundlage für Kapitalgesellschaften sein, die mehrere Millionen Euro bewegen. Wir bezweifeln zudem eine schnelle und klare Regelung in steuerrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere im Hinblick auf die die elementar wichtige
Gemeinnützigkeit des DEB.
In jedem Fall fordern wir aber eindeutig vorbereitete Organisationsformen, denn selektive Entgegnungen auf bereits vorgestellte Konzepte des Verhandlungspartners sind keine Basis für eine nachhaltige Entwicklung des Eishockeys! Wir weisen sie in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es gerade in dieser Hinsicht ebenso viel Unmut unter den Clubs der Oberliga Nord gibt. Beim Wechsel des Spielbetriebs vom Landeseissportverband Niedersachsen zum DEB gibt es genau solche Probleme, da sich Ihrerseits getätigte Zusagen nicht in den Lizensierungsunterlagen finden lassen. Auch in der Oberliga Ost gab es einige Kritikpunkte, die dazu führten, dass der Spielbetrieb vorerst unter der Regie des Landeseissportverbandes durchgeführt werden soll.
Wir fordern die Anerkennung der DEL II!
Geben Sie dem Profisport auch in der Sportart Eishockey die Chance zu zeigen, dass er sich am effizientesten selbst organisiert. Die Chance für den DEB, sich auf seine Kernkompetenzen, die Nationalmannschaft und die Nachwuchsförderung, zu konzentrieren, war nie so gross wie heute, wo sich DEL und Zweitligisten auf ein gemeinsames Konzept, das auch Aufgaben des DEB nachhaltig fördert, geeinigt haben. Bis 2018 läuft der aktuelle Kooperationsvertrag mit der DEL, unserer Meinung nach sollten, ja müssen Sie sogar, dem Profisport bis zum Ende dieses Vertrages die Chance geben, zu beweisen, dass er es besser machen kann als in den letzen Jahren
geschehen, wir können uns gar nicht mehr an ein Sommer ohne „Theater“ erinnern.
Es gibt für uns keinen ersichtlichen Grund, die DEL II nicht anzuerkennen und einen Kooperationsvertrag zu vereinbaren. Die Verantwortlichen der DEL II haben die Anerkennung von DEB und Weltverband IIHF öffentlich zugesagt. Ebenso wurden wichtige Punkte wie Verzahnung mit den Oberligen, Verbandsabgaben und Nachwuchsförderung im Sinne des DEB als Merkmal
einer DEL II deutlich herausgestellt.
Zudem hat auch die DEL signalisiert, eine Verzahnung mit der DEL II ins Auge zu fassen, im Gegensatz zu einer DEB-geführten Bundesliga, zu der es eine klare Absage gibt. Das deutsche Eishockey war schon lange nicht mehr so nah an einer durchgängigen Verzahnung wie jetzt. Das haben Sie als Verhandlungsführer der ESBG vor zwei Jahren nicht erreicht. Im Gegenteil, durch Ihre markigen Worte im Vorfeld und die letztendlich zustande gekommenen Bedingungen hatten sich die Fronten zwischen DEL und ESBG noch verhärtet.
Wir sehen eine Vielzahl an Synergieeffekten zwischen den beiden Profiligen, die
der gemeinnützige DEB erst aufbauen muss. Ihr Angebot, einen professionellen Ligenleiter einzustellen, ehrt Sie, ist aber letztendlich eine Selbstverständlichkeit, die auch in der DEL II so passieren würde. Die Kostenfrage ist hierbei nebensächlich, da die Clubs diesen Posten in jedem
Fall finanzieren müssen.
Ebenso verhält es sich mit der TV-Präsenz. Sie stellen in Ihrer Konzeptentgegnung die Frage, ob ein Einstieg in den TV-Vertrag der DEL nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre. Im Gegenzug erwähnen Sie aber nur lapidar, dass eine Verhandlung mit dem TV-Vertragspartner des
DEB möglich sei, ohne diese auch dort zu stellende Kostenfrage zu erwähnen.
Natürlich fordern Sie, dass die Ligenstruktur nach sportlichen Gesichtspunkten ausgerichtet wird und insbesondere bei der Frage nach Auf- und Abstieg besonderes Augenmerk verdient. Leider haben wir nicht so stabile Verhältnisse im deutschen Eishockey, dass man das strikt und ohne Ausnahmen anwenden kann. Nicht nur in den Profiligen läuft das nicht nach hehren Motiven ab, auch in den unteren Ligen werden Bestimmungen angepasst und Clubs überspringen gelegentlich eine Liga. Insofern lässt sich da kein Unterschied zwischen den Profiligen und den Ligen des DEB bzw. der eng verbundenen Landeseissportverbände feststellen. Wir wünschen weder in den
Profiligen, noch im semiprofessionellen und Amateurbereich ein munteres „Bäumchen-wechsel-dich“, sind aber der Auffassung, dass die Strukturen im deutschen Eishockey stark verbessert werden müssen, um dies zu gewährleisten. Eine Aufgabe die selbstverständlich den Proficlubs zukommt, aber schon per Definition eine besonders wichtige Aufgabe des DEB und der
Landeseissportverbände für die Ligen unterhalb des Profibereichs ist.
Verlässliche und zukunftsträchtige Strukturen müssen geschaffen, nicht verordnet werden. Als Beispiel seien hier der DFB und die DFL genannt. Die Frage sei erlaubt, warum sollte das nicht im Eishockey funktionieren, was im Fußball zielführend ausgestaltet wurde?
Letztlich bleibt festzuhalten: Die DEL II orientiert sich stark an der Agenda 2018 des DEB. Im Prinzip bekommen Sie mit der DEL II genau das, was Sie fordern. Allerdings haben Sie den Vorteil, dass Sie im Gegensatz zu einer DEB-Bundesliga weder mit Verwaltung, Kosten und (steuerrechtlichen) Problemen belastet werden. Sie brauchen sich nur den öffentlichen Zusagen
der DEL II zu bedienen und schon haben Sie ein Vertragswerk in Ihrem Sinne.
Distanzieren Sie sich sich umgehend von den "Geiselhaft" von Kindern und Jugendlichen! Wir verurteilen auf das Allerschärfste, den Nachwuchs im deutschen Eishockey als Druckmittel zu benutzen! Wir beziehen uns hier insbesondere auf die Aussagen des Herrn Sorge (LEV Nordrhein-
Westfalen), die fehlende Distanzierung des DEB darauf und die gelegentlich öffentliche Erwähnung der Konsequenzen für Nachwuchskooperationen durch den DEB in dieser Thematik. Es kann nicht sein, dass für eine Auseinandersetzung zwischen erwachsenen Menschen Kinder
und Jugendliche als Druckmittel missbraucht werden. Die Androhung, jungen Menschen die Ausübung des Sports zu verbieten und faktisch aus einer Gemeinschaft auszustoßen, ist aus unserer Sicht moralisch höchst verwerflich. Bei den Clubs, deren Profibereich organisatorisch von Stammverein getrennt ist, halten wir dieses Vorgehen zudem für rechtlich bedenklich.
Abschließend bleibt festzuhalten: Kehren Sie unverzüglich an der Verhandlungstisch zurück! Wir als Fanvertreter spüren einen wachsenden Unmut unter den Fans. Das ist weder in unserem Interesse, noch kann es in Ihrem Interessen sein. Letztlich wollen wir alle, dass sich unter den gut drei Millionen Fans, die vergangene Hauptrunde in die Stadien der DEL und der 2. Bundesliga strömten, sehr viele finden lassen, die bei der WM 2017 Ihren avisierten Zuschauerrekord guten Gewissens wahr werden lassen.
Mit sportlichen Grüßen
Die Fanbeauftragten von DEL und ESBG