Der 10.10.2010 ist ja ein wunderbares Datum und somit geradezu prädestiniert für heiratswillige Paare und speziell für uns Herren eine Zahlenkombination, die es sich in den Folgejahren der Knechtschaft gut und einfach zu merken gilt.
In den Tagen vor unserem ersten Heimspiel verwende ich viel Zeit für die Begeisterung sportinteressierter Mitmenschen, um meinen Beitrag für die gute bis sehr gute Füllung der Eishalle zu leisten. Immerhin konnte ich 9 Fans aus meinem Freundeskreis zum Erwerb einer Dauerkarte begeistern, an die 20 Freunde werden es dann am Sonntag sein, die ihre Solidarität mit dem neuen Eishockey in Mainhattan und meinen Verrücktheiten zeigen.
Beim Training dieser Woche meine ich schon eine gewisse Nervosität bei den jungen Cracks auszumachen, vieles läuft schief, sie wirken etwas hektischer und nicht mehr so locker und betont cool wie bei den ersten Spielen und den bislang verfolgten Trainingseinheiten.
Auch Coach Andrej scheint dies zu spüren, wird sogar einmal etwas mehr als laut, Vorobiev und Bresl unterstützen ihn aber bei seiner akribischen Arbeit, die Boys auf den Sonntag punktgenau körperlich und vor allem mental fit zu kriegen.
Ich sitze wie immer ganz alleine in der obersten Reihe auf meinem Stammplatz in der Eishalle, als sich ein weiterer Zaungast zu mir gesellt, ein sportlicher junger Typ mit Baseballkappe, Kaugummi kauend und mich freundlich grüßend. In meinem klischeebehafteten Altherren-Denken der Prototyp eines sonnigen US-Boys. Er spricht auch recht gut Deutsch, sucht aber so manches Mal nach dem perfekten Fachausdruck, so dass wir schnell in seine Muttersprache switchen. Er erzählt dass er – aus privaten Gründen - seit dem Sommer in Frankfurt lebe, seine Lebensgefährtin einen tollen Job bei einer Schule in Rödelheim habe und er deshalb gerne im Raum Frankfurt seinem Sport nachgehen würde. Er lacht als er meinen Vornamen erfährt, stellt sofort die namentliche Verbindung zum amtierenden DEB-Bundestrainer und NHL-Veteranen Krupp her und freut sich zu erfahren, dass auch mein Sohn auf den Namen „Simon“ hört, wenn bei dem auch nur als Zweitnamen.
Ich frage ihn über seine Karriere aus, die wohl in Toronto begann, ihn dann u.a. nach Deutschland ins bayerische Peiting führte, um dann über den Umweg Italien und den Broncos aus Sterzing wieder in Frankfurt zu landen. Mache ihm die Löwen und Umfeld etwas schmackhaft, erzähle wie es begann vor 30 Jahren, berichte ihm ehrlich vom „Aus“ im Mai und dem jetzigen Neuanfang in der 4. Liga. Gut, ich übertreibe etwas im positiven Sinne und bin auch heute zu euphorisch, da die späteren Ausmaße des Neuanfangs am 7.10. eher noch nicht zu erkennen sind. Da ich beim letzten Stammtisch dem Michael meine gewagte Theorie der „hier zufällig lebenden, studierenden und wohnenden Eishockey-Spieler“ erklären durfte, passt der Junge absolut perfekt und prima in „mein Beuteschema“.
Nach einer Stunde des Plauschens zeige ich ihm den Weg zu Bresl und Ilja, und Simon verschwindet dann auch recht bald mit Michael in den Katakomben unserer Eishölle.
Zuhause angekommen, gehe ich neugierig in mein Archiv… und mich trifft fast der sprichwörtliche Schlag, welcher „Kracher“ da bei uns „um sportliches Asyl“ gebeten hat. Im Forum diskutieren wir schnell über diesen - für unsere Verhältnisse – „Superstar“, den wir uns aber aus finanziellen Gründen nicht leisten können….Schade….ein supernetter Typ!!! Die Kohle für DEN Jungen hätte ich mir notfalls sogar ausgebargt…..
Den Rest der Woche nimmt mich dann auch wieder vermehrt das Tagesgeschäft in Beschlag, das Interesse am ersten Spiel wird durch einzelne Medienberichte und kleinere Aktionen immer augenscheinlicher. Der tägliche Bericht im Forum, die Zählung der verkauften Plätze durch Leona und die Auswertung der Homepage unseres Ticket-Anbieters lassen doch eine erstaunliche und unerwartete Anzahl von Besuchern hochrechnen, die ich geborener Optimist auf nun mindestens 2.000 Leute plus beziffere.
Wie „geil“ wäre das denn…? Rüdi, Bresl und Ilja träumen von 1.200 – 1.500 Leuz zum Auftakt, diesen Pessimisten (….ein „Sorry“ Jungs!) müssen wir so treuen Fans das Handwerk schnellstens legen. Plötzlich greifen die Löwen marketingmäßig mit einem unbenannten Gastspieler an, den wir Forums-Fachleute schnell als den „Joker“ enttarnen, der für ein Spiel aus seinem sportlichen Exil und der Heimat im tiefsten Bayern eingeflogen wird.
Durchaus geschickt, so werden auch noch ältere DEL-Fans, die den Meistertitel 2004 schon mitfeierten, zur Fahrt nach Frankfurt bewegt, auch wenn dieser PR-Gag von einigen Spielern des jungen Teams bestimmt nicht nur für „Gut“ an „ihrem Tag X“ geheißen wird.
Am Wochenende lasse ich übernervös die Stunden und Minuten möglichst rasch an mir vorbeilaufen, es soll endlich, endlich Sonntag 17.00 Uhr werden, denn zu dieser Zeit habe ich mich mit den alten Kumpels, den zahlreichen Freunden und eben der Family an der Eishalle zum „Warm-up“ am leckeren Bratwurststand verabredet.
Als wir dann endlich, endlich auf dem Parkplatz vor der Eishalle ankommen, traue ich meinen alten Augen nicht, mit weit aufgerissenem Mund sehe ich überall Menschen, viele Menschen, so unglaublich viele Menschen dort, vor und auf den Treppen……zum „Stairway to heaven“!
(Fortsetzung folgt…)
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