Das Weihnachtsfest 2010 verläuft eher unspektakulär und eishockeylos. Sonst die willkommene Gelegenheit, dem familiären Treiben „rund um de Omma“ und dem Geschenke-Wahn für ein paar Stunden zu entfliehen, ist die amateurhafte Regionalliga im Gegensatz zur DEL-Kommerzliga in diesen Tagen dann leider spielfrei.
So zieht sich Jay-Jay mit dem Wohnwagen für ein paar Tage nach Rotterdam zurück, während sich Maxe in Landshut mit niederbayerischen Köstlichkeiten verwöhnen lässt, Bene Peters hat Besuch vom eishockeyspielenden Bruderherz und Blacky diskutiert zwischen Gans, Klößen und Rotkraut mit Marco über die nicht vorhandenen aber gewollten Rivalitäten zwischen den Eishockey-Hochburgen Darmstadt und Frankfurt.
Auch ich stürze mich für ein paar Tage ins Völler- und Lotterleben und schalte vom vorweihnachtlichen Trubel mal so richtig ab. Zwischen den Jahren habe ich - wie wohl Millionen anderer Bundesbürger - auch arbeitsfrei, schlafe „bis in die Puppen“ und starte erst im späten Verlauf eines Vormittags meine spärlichen und sportlosen Aktivitäten.
Am ausgeschlafenen Morgen des 27.12. fahre ich meinen PC bei einer heißen Tasse Tee hoch, logge mich in meine Mailbox ein….und die quillt über!....Wow…..what happens??
Ich öffne zunächst die Nachricht von Lionmaniac, weil die vom guten Marcus auch die oberste ist. Er teilt mir mit……dass Simon Barg von Essen nach Frankfurt wechseln wird.
Ich fasse es nicht…einfach unglaublich…..DER Wahnsinn….die Superlative entfallen mir in absolut kurzer Zeit!!! Ich öffne schnell die anderen Mails von alten Eishockey-Seilschaften und Freunden aus dem westdeutschen Raum….immer der identische gleichlautende Inhalt: Simon ist “on-the-road-to-Mainhattan“.
Na ja, nicht so ganz, denn auch schon die Feiertage wird er bei seiner Liebsten in der Bankenmetropole verbracht haben, deren Wohnung nur einen kurzen Fußweg von der höchstens einen Steinwurf entfernten Eissporthalle gelegen ist.
Wunderbar….der sehr Eishockey-geprägte Wunschzettel der Cracks incl. meiner Verrücktheiten (s. Blog „The final Countdown“ vom 15.12.10) findet drei Tage nach dem Heiligen Abend einen mehr erträumtem als erhofften Abschluss. Ich freue mich wie seinerzeit Bolle – hieß der so?? – auf Simon, den ich mir nach unserem mehr als zufälligen und unerwarteten Kennenlernen Anfang Oktober danach bei den Spielen seiner Moskitos in Nauheim angeschaut hatte. U.a. bei einem Spiel, dass dann bei gefühlten Minus 15 Grad - mit viel Glatteis und Schnee auf den Straßen in Richtung Kurstadt - im saukalten Carport von Nauheim vor einer im wahrsten Sinne des Wortes „Minus-Kulisse“ stattfindet. Dieses eiskalte Wiedersehen beim klaren Sieg der Essener bringt mir zwar den tippenden Zeigefinger am Kopf der häuslichen und eher um mich besorgten Mitbewohner ein, aber auch die Erkenntnis beim kurzen „Hello“ mit Simon, dass er genau der Richtige für die aufstrebenden Löwen ist.
DER Richtige ist er wohl auch für seine blonde Rödelheimer Lehrerin, der er jetzt im eisfreien Sommer im heimatlichen Toronto das Versprechen geben wird, alle Bullies nur noch gemeinsam auszuführen….und am Bullypunkt ist Simon wirklich saustark! „Congrats“ to Mrs. und Mr. Barg…….
Sein erstes Match sollte unser neuer Center dann beim Hinspiel um die „Hesse-Kapp“ haben, welches als willkommene Abwechslung zu den Meisterschaftsspielen der Regionalliga von unseren Cracks gesehen wurde. Im Training wird von Andrej schnell eine Sturmreihe mit SEYLLer-BArg und Natte favorisiert, so dass mir – als ich wieder einmal viel zu schnell die Namen dieser noch fiktiven Sturmreihe ausspreche – das neckische Wortspiel von der SEYL-BA-N auffällt.
In Kassel erwartet unsere Jungs eine rappelvolle Halle, die vor lauter Emotionalität die Funken sprühen lässt. Deren Coach Milan Mokros, der ehemalige Eintracht-Verteidiger-Haudegen, hat seine Boys wirklich hervorragend eingestellt, die den Kampf mit dem klassenhöheren Erzfeind ohne jeglichen Respekt oder gar Angst aufnehmen.
Milan hatte ich getroffen, als er unseren Verantwortlichen beim ersten Eistraining nach dem Sommer einen Besuch in Frankfurt abstattete, um die Idee dieser beiden Pokalspiele zu besprechen. Damals hatten Bresl, Ilja und noch Toni Forster mit ihm die Details eben mal locker im Block E angesprochen, nicht ahnend, dass die folgende Saison beider aus der DEL gerade erst ausgeschiedener Teams zu einem einzigartigen Triumphlauf durch die gutgefüllten bis vollen Stadien werden könnte.
Nicht nur ich hatte an diesem Freitag wohl weniger Gegenwehr von den blaugekleideten Schlittenhunden erwartet, denen aber speziell an diesem Abend der Holländer Natte die Grenzen eines frostigen Hundedaseins aufzeigt. Leider ist Simon wegen eines fehlenden Passes doch noch nicht dabei, aber auch ohne ihn ziehen sich die Löwen – mit merklicher Zurückhaltung und „gebremstem Schaum“ – sehr erfolgreich aus der Affäre und lassen die Vorfreude auf das vereinbarte Rückspiel in Frankfurt für Anfang Februar wachsen.
Für unsere jungen Cracks ein weiterer emotionaler Höhepunkt mit Erfahrungswert, denn zum ersten Male spielen sie vor einer Riesenkulisse, die komplett gegen sie ist und nicht wie in heimatlichen Gefilden, mit dem „7. Mann / Frau“ im Rücken…..ein mehr als dezenter Vorgeschmack auf die baldige Oberliga-Saison und die „heißen“ Spiele in der Kurstadt.
Nachdenklich fahre ich die vernebelte A5 von Kassel in die Heimat zurück, der offen zu Schau getragene Hass vieler Besucher hat mich doch bewegt und mehr irritiert als gedacht. „Rivalität“ beim Sport sieht für mich eben anders aus und hat bei dieser eher kommerziellen Veranstaltung mit beiderseitigem Nutzen um einen fiktiven Cup und Titel überhaupt nichts verloren!....und das gilt absolut für beide Seiten….die Fans sein wollen und dies so leben.
(Fortsetzung folgt……)
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