In diesen letzten Junitagen machen sich fast 2 Dutzend gutgelaunter junger Männer um 21.05 Uhr per Flieger und dann in diversen Kleinbussen ins Ungarische auf, um am dortigen Balaton ein paar wunderschöne Tage zu verbringen. Unser Pantomimen-Papst Tom K. (22) hat sogar dem Piloten des LH-Airbusses eine CD mit dem Titelsong des Slapshot-Klassikers „Right back where we started from“ gebrannt. Im weiteren Reisegepäck werden sich neben einer ausreichenden Anzahl an kühlem Gerstensaft, ein paar Pokalen und Trophäen auch emotionale Erinnerungen der letzten Monate befinden.
Im dortigen - seit Piroschkas Zeiten - weltbekannten Party-Städtchen Siofok, das sicher nur in meiner kleinbürgerlichen Allgemeinbildung keinen Ehrenplatz findet, werden die Löwen in einer schicken Villa wassernah ihr Quartier aufschlagen. Die Blackys und Co. werden den Magyaren nach 1954 einmal mehr zeigen, was Teamgeist bewirken kann und das kein Mitglied dieser solidarischen Truppe je durstig die Kaschemmen und Discos des Kaffs verlässt. Wieso bin ich irgendwie froh, dass der „Platten-See“ schon so hieß, bevor unsere Champs dort ihre Visitenkarte hinterlassen….?
In den ersten Märztagen machen sich mehrere Großbusse und unzählige PKW in Richtung Kamener Kreuz auf, um die Löwen zum ersten Qualifikationsspiel der Aufstiegsrunde zur neuen Oberliga-West zu begleiten. Auf der A 45 ist die Hölle los, unzählige Autos mit Fans in gelb-schwarzen Trikots sind auf dem Sauerland-Highway, da der kommende deutsche Fußballmeister aus Dortmund ebenfalls ein wichtiges Heimspiel an diesem Freitagabend im sicher mit 80.000 Zuschauern prall gefüllten Westfalenstadion austrägt.
In unserem Reisegepäck gen Hamm sind realistische Vorgaben für das kommende schwere Wochenende und den Begegnungen mit den Topfavoriten der Gruppe, den beiden höher klassigen und etablierten Oberligisten aus der Stadt des Glaselefanten und Ratingen.
Im Training der Woche haben Koppsi, Pitti und ich bei heißem Glühwein und Kinderpunsch (ja Koppsi, ICH oute mich, mein Sohn Brutus…) die Möglichkeiten unserer Jungs analysiert und versucht - einigermaßen vernünftig - einzuschätzen. Alle sind wir der Meinung, dass jeder gewonnene Punkt am ersten Weekend ein Super-Erfolg wäre und wir unsere big points eben in den beiden folgenden Spielen gegen die Underdogs aus Netphen holen müssten, sowie eine weitere Überraschung uns bei einem Heimspiel mit Unterstützung des tollen und fantastischen Publikums gelingen sollte.
9 Punkte wären sicher die Eintrittskarte in die niedrigste „Beletage“ des Profi-Eishockeys, ein erfüllter Traum für alle Spieler und auch für die wie immer hoffnungsfrohen Fans.
Die Staus rund um die diversen Kreuze lassen die Anreise recht mühsam werden, so dass ich beschließe, über die verbotene und von mir ungeliebte roostige Stadt Iserlohn und deren Landstraßen zu fahren. So erreichen Sohnemann und ich zwar etwas langsamer, aber dafür stetig und vor allem pünktlich den Zielort unseres freitäglichen Trips.
Die Hamma haben sich auf den Ansturm der Gäste gut präpariert, sogar hinter dem Stehbereich der Löwen extra einen Getränkestand eingerichtet, was wir alle dankbar anerkennen und uns kurze Laufwege beschert.
Überhaupt: Die Gastfreundschaft in der nun fast abgelaufenen Runde. Ob in Netphen, Neuwied, Troisdorf oder heute Hamm, sie war (fast) immer sensationell (na ja…Darmstadt, ok!), die Verantwortlichen der Clubs stets bemüht – mit halt kleineren Defiziten – den Fans aus der Mainmetropole in irgendeiner Form Rechnung zu tragen.
Auch die uns vom rührigen Pressesprecher der Hamma im Vorfeld wärmstens empfohlene Currywurst war durchaus lecker….wenn man sie denn erst einmal in den Händen hielt, nachdem sie wohl erst in der nur ca. 8 km entfernten Metzgerei klein geschnippelt wurde.
Und wenn wir schon – immer liebevoll und durchaus nett gemeint – „am Stänkern“ sind, auch die Höhe der Sitzplätze im schönen Rund des Stadions war doch sehr, sehr gewöhnungsbedürftig. So traf mich langen Lackel immer mein linkes Knie am linken Ohr, rechts natürlich dergleichen und beim späteren Torjubel mussten mir die eifrigen Sitznachbarn jedes Mal erst – und dies noch gerade ohne Kraneinsatz - hochhelfen, da ich ja in bester Horst-Schlämmer-Manier „Rücken habe“. Für Pitti und Koppsi himself ein mehr als willkommener Anlass auf ihren Stehern bei jedem der folgenden Ereignisse mich an den Film „Free Willy“ und den abgetakelten und schwerfälligen Killerwal zu erinnern.
Dafür waren unsere Jungs so was von topfit, ihre Tunnelblicke beim Einlaufen verrieten mir den Ernst der Situation verstanden zu haben und zum ersten Mal an diesem Abend keimte in meiner bestimmt nicht pessimistischen Welt mehr als ein Fünkchen Hoffnung auf, gepaart mit einem gehörigen und jetzt gesunden Schuss Optimismus.
So legten die Löwen dann auch los, nichts war von einem Klassenunterschied zu sehen, die Hamma gerieten sofort ins Schwitzen und mussten mit ihrem doch relativ kleinen Kader schnell einem Rückstand hinterherlaufen. Sie packten den schnellen Ausgleich und hatten für Minuten sogar das Heft des Handels in der Hand. Hier zeigte jedoch Doro, was ein guter Goalie wann zu tun hat und ließ kein weiteres Unheil zu.
Die Seyl-Ba-N kam auch so peu-á-peu ins Rollen, Maxe hatte einen Sahnetag erwischt und Jay-Jay bewies wieder einmal mehr zum richtigen Zeitpunkt seine Vollstreckerqualitäten nach Simons wunderbaren Anspielen. Da aber auch die anderen Boys - die „Amateure“ - scorten und ohne jeglichen Respekt vor großen Namen in Hamm auftraten, stand am Ende ein geradezu sensationeller Auswärts- und Kantersieg zu Buche, mit dem niemand, aber auch niemand in dieser Höhe gerechnet hatte. Selbst die eher nüchternen bis sachlichen Löwen-Chefs von „Breslau“ bis „Iltis“ (sorry KIT, ist sooo schön, das musste mal wieder sein…) stimmten schon während des Spiels die Welle mit den zahlreichen Fans an, ein eindrucksvolleres und besseres Zeichen ihrer Hochachtung vor der gezeigten Leistung des gesamten Teams gab es bis dato und in dieser Form noch nie!
Auf der Heimfahrt über die nun doch recht leere A 45 soll es sehr lebhaft im Bus des Teams zugegangen sein, mehr als ein Schlummertrunk nach den Adrenalin-Schüben des Abends wurde jedoch von Coach Andrej nicht genehmigt, warteten doch schon am Sonntag einige Außerirdische an den Toren Mainhattans, mit denen noch eine Rechnung offen war….
- Fortsetzung folgt -
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